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farbe und sprachliche kommunikation

in den meisten kulturen benutzte man farben, um vor allem emotionen treffend zu charakterisieren und anschaulich zu machen. die sprache der farben entwickelte sich und fand eingang in alltägliche redewendungen. die farbsymbolik ist jedem verständlich, selbst wenn mit einer farbe unterschiedliche bedeutungen verknüpft werden.

rot :

rot ruft fast immer aufmerksamkeit hervor und weist auf etwas wichtiges oder eiliges hin. der farbname rot stammt von dem sanskritwort «rudhia». es bedeutet übersetzt «blut», und blut ist ein lebenswichtiger stoff man sucht den roten faden bei komplizierten zusammenhängen, oder rote zahlen verlangen eine sofortige reaktion. das akute und intensive, das mit dem rot verbunden ist, kann jedoch auch ins negative umschlagen, und man sieht plötzlich rot. ist jemand wirklich verzweifelt, so besucht er vielleicht das rotlichtviertel seiner stadt, wo die käufliche liebe zu finden ist. rot ist eine kompromißlose farbe und ihre symbolik meist feuriger oder dramatischer natur.

blau :

mit der farbe blau werden die widersprüchlichsten gefühlslagen und bedeutungen assoziiert. sie bezeichnet einerseits den adel und die tradition, andererseits das elende, kranke und schmutzige.

vergleichen wir: blau ist elegant, und blaublütige brauchten sich nicht mit körperlicher arbeit zu befassen (um nicht mit sonnenbräune das blau ihrer venen zu überdecken).

«cordon bleu» ist das blaue band, das höchste qualität auszeichnet. demgegenüber wollen wir uns keinen blauen dunst vormachen lassen und keinesfalls blauäugig sein. bei einem traurigen blues können wir durchaus einige tränen vergießen. ein betrunkener ist blau, und hinter einem «blue movie» verbirgt sich ein saftiger pornofilm. blau kann also in unserer sprache die unterschiedlichsten dinge symbolisieren.

grün :

auch grün besitzt eine doppelte bedeutung. es bezeichnet zunächst einmal das junge, frische und unreife. die jugend ist meist noch grün hinter den ohren. ein grünschnabel besitzt noch nicht allzuviel lebenserfahrung. die farbe grün wird jedoch auch mit wachstum und fruchtbarkeit sowie mit dem daraus entstehenden reichtum verbunden.

wenn man den grünen daumen besitzt, gedeihen die zimmerpflanzen besonders gut, und vielleicht kommt man eines tages auf den grünen zweig. man wird reich und besitzt geld wie heu. geht jedoch etwas schief und jemand anderes steckt den gewinn ein, dann werden wir grün vor neid - und es gibt ja auch noch jenen ungesunden farbton, den wir giftgrün nennen...

gelb :

im europäischen sprachgebrauch ist das gelb der sonne wenig beliebt. gelb sei eine häßliche farbe, heißt es, und damit basta. dieses hartnäckige vorurteil entstammt der christlichen tradition. es wird behauptet, daß judas ischariot beim abendmahl einen gelben mantel getragen habe. die gelbe farbe wurde in der folge zum symbol für verrat und betrug. kein geld zu haben und seine ideale feige für geld zu verkaufen, wird ebenfalls damit assoziiert. im anglo-amerikanischen sprachgebrauch bezeichnet man als «yellow press» den oberflächlichen journalismus der boulevardblätter.

schwarz :

auch die schwarze farbe zählt zu den prügelknaben. über das schwarz läßt sich nicht viel gutes sagen, sondern es wird immer mit tod, trauer oder mit schmutzigen geschäften verbunden sein. wer hat nicht schon einmal von schwarzer magie und schwarzen messen gehört oder schwarzgesehen und bei trauer schwarz getragen? ganz sicher haben viele auch schon schwarzgearbeitet oder schwarzes geld erhalten.

schwarz ist also die farbe des unerlaubten und abweichenden. das schwarze schaf der familie weigert sich, die traditionelle rolle auszufüllen. schwarz ist nicht nur die farbe der trauer, sondern lockt darüber hinaus zu pikanter erotik und sexuell verbotenem. und kommt es ganz schlimm, dann sagen wir, etwas sei schwarz wie die nacht. wenn wir schwarz abscheulich finden, erscheint uns das weiß um so zarter und unschuldiger.

weiß :

die weiße farbe verkörpert dann unsere sehnsucht nach absoluter perfektion. weiß symbolisiert die reinheit, das jungfräuliche wie auch das unbeschriebene blatt. das unbekannte und unerforschte wird zu weißen flecken auf der landkarte. ein weißbuch dokumentiert die grundsätzliche politische haltung der regierung zu einer bestimmten frage. mit der farbe weiß wollen wir das klare und akzeptable, aber auch das scharfsinnige und pfiffige unterstreichen. wenn weiß alle nuancen von reinheit und strenger klarheit repräsentiert, gilt dies keineswegs für die rosa farbe.

rosa :

rosa beinhaltet als wortsymbol obertöne von romantik und jugendlicher schwärmerei. rosa ist luftig, leicht und berauschend. «la vie en rose» heißt ein von edith piaf unsterblich gemachtes chanson. es handelt von der liebe im frühling und von rosagefärbten wolken. dieselbe wirkung zeigt die sprichwörtliche rosa brille. wenn man eine rosarote brille trägt, ist man meist verliebt, romantisch und ein bißchen verrückt. um in der welt zurechtzukommen, sollte man jedoch die geheimnisse dieser farbe ergründen, denn rosa symbolisiert auch das stille einverständnis.

die alten römer nahmen ihre festmahlzeiten gern unter rosenbaldachinen ein. die vertraulichen informationen, die freunde und liebespaare dort wechselten, durften nicht ausgeplaudert werden. deshalb meint der lateinische ausdruck «sub rosae», verschwiegenheit zu wahren.

generell kann man sagen :

wie wir sehen, sind also farben ein wichtiger bestandteil unserer kultur und eng mit unserem .sprachlichen ausdruck verwoben. nicht nur in redewendungen haben die farben eingang gefunden, sie werden auch dazu verwendet, länder, orte und völker zu kennzeichnen. wir benutzen beispielsweise heute die vier hauptfarben der antike, um zwischen roten, weißen, gelben und schwarzen völkern zu unterscheiden. manchmal ist diese form der farbgeographie allerdings schwer nachvollziehbar oder auch irreführend.

wir sprechen etwa von schwarzafrika und beziehen uns dabei aber auf die hautfarbe seiner bewohner und nicht auf das aussehen des landes.

das rote meer, das schwarze meer, das weiße meer oder der blaue nil, der weiße nil, der gelbe fluß - einige dieser namen beziehen sich tatsächlich auf reale farberscheinungen, wie zum beispiel beim huangho, beim gelben fluß, der sich durch den vielen lehm wirklich gelb färbt. bei anderen namen wird indirekt über den weg der farbe auf historische ereignisse oder mythologische bedeutungen hingewiesen.

auf alle fälle findet man im volksmund eine vorliebe für «farbige» ortsnamen. als geographische beschreibungen sind sie sicherlich nicht immer zutreffend. aber wenn wir in betracht ziehen, daß die farben unsere psyche beeinflussen und unsere phantasie anregen, erscheint es nur zu verständlich, daß die menschen gern einen «farbenfrohen» ort auswählen, um dort zu leben.

farbtherapie von karl ryberg mosaik verlag 1992 seite 30-34